Donnerstag, 3. Mai 2012

Rezension: Susanne Röckel - Rotula

Susanne Röckel - Rotula

Eichborn
230 Seiten
ISBN: 978-3-8218-6163-0


Über die Autorin:
Susanne Röckel, 1953 in Darmstadt geboren, hat zahlreiche Romane und Erzählungen verfasst und sich auch als Übersetzerin von Paula Fox einen Namen gemacht. Sie wurde u. a. mit dem Gerhard-Fritsch-Literaturpreis, dem Förderpreis des Freistaates Bayern für Literatur sowie dem Mara-Cassens-Preis des Literaturhauses Hamburg ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlichte sie den Roman Aus dem Spiel und in der Anderen Bibliothek den Erzählband Vergessene Museen (2008). Susanne Röckel lebt in München.

Meine Meinung:
"Wir glauben in Sicherheit zu sein, da wir weit entfernt sind von jener Stadt, die den Schrecken nicht überlebte." Eine Prosa, die in ihrer Präzision das Phantastische wahrscheinlich werden lässt und uns parabelhaft anschaulich macht: die menschliche Hybris hat Grenzen. Die Natur vergisst nichts. Rotula berichtet an der Wende zum 22. Jahrhundert von einer traumatisierten Stadt, die durch katastrophische Ereignisse im Jahr 2014 ihre Seele verlor. Das verborgene städtische Archiv enthält Tagebücher bereits aus der napoleonischen Zeit, die von Fossilien, rädchenförmigen Abdrücken aus der Erdurzeit vor hunderten Millionen Jahren erzählen - geheimnisvollen Lebewesen des Wassers. Ist ihre Wiederkehr denkbar? Alte vorchristliche Rituale bezeugen die Huldigungsopfer an die grauenhafte Gefahr aus dem Flusswasser und Spuren von genetischem Material ermöglichen zum ersten Mal die Zucht der komplexen Mehrzeller. Rotula, ihr zermahlendes Räderwerk, lebt. Die Menschen aber wollen die Warnzeichen der Natur nicht verstehen ...

Nicht die Natur ist trügerisch, sondern das, was wir von ihr wissen. Man wähnt, auf sicherem Eis zu stehen, aber wenn sich unter der dünnen, eisstarren Schneedecke eine Vertiefung befindet, bricht man ein, manchmal metertief, weil es heimlich längst angefangen hat, zu tauen.
Seite 119

Meine Meinung:
Susanne Röckel erzählt hier die Geschichte einer Stadt, die ihre Seele verloren hat, aufgrund von Ereignissen, die sie in Form von Tagebucheinträgen aus dem Jahre 1814, Zeitungsauschnitten aus dem Jahre 1914, Aufzeichnungen einer Rede und Briefen aus dem Jahre 2014, die der Ich-Erzähler Lanzelot Squindo auf einer Expedition in eben diese Stadt findet, beschreibt. Anfangs hatte ich so meine Probleme mich in die Geschichte einzufinden, was vielleicht auch am Schreibstil von Susanne Röckel gelegen haben mag, der nicht unbedingt einfach zu lesen ist. Wenn man sich allerdings eingelesen und daran gewöhnt hat, kommt man gut mit ihm klar. Frau Röckel hat es wunderbar geschafft, ihren Schreibstil an die jeweiligen Epochen anzupassen, die hier einfliessen, was ich mir nicht unbedingt einfach vorstelle. Doch leider waren Stellen in diesem Buch dabei, die mir einfach zu langatmig wurden, ganz besonders jene, die in Luises Tagebuch von 1813/14 ziemlich genau beschreiben, welche Personen sie getroffen hat (dabei wurden die Personen ziemlich genau beschrieben - was sie geleistet haben, wann sie geboren/gestorben sind usw.usf.). Diese Stellen habe ich teilweise nur überflogen, da sie mich in meinem Lesefluss ein wenig gestört haben. Spannender wurde es dann nach den Briefen von Luise, als dann ein Reporter berichtet, was er im Jahre 1914 erlebt hat. So langsam nahm die Geschichte mehr Form an, man konnte erahnen, was genau die eigentliche Bedrohung ist und wie diese sich zeigt. Vieles wurde nur angedeutet und man konnte seiner Fantasie freien Lauf lassen, was ich jetzt nicht unbedingt schlecht finde. So nach und nach steigert sich die Spannung immer mehr, so dass man irgendwann dann wissen möchte, was da nun eigentlich passiert ist.
Leider konnte ich persönlich keinen wirklichen Zugang zu den Protagonisten finden, selbst der Ich-Erzähler hat dies nicht geschafft. Er war mir nicht sympathisch, ich konnte nicht mit ihm mitfiebern. Zwar war die Geschichte um ihn am Ende spannend, allerdings hat man recht wenig über ihn erfahren, wie ich finde. Vielleicht lag es auch daran, dass die Tagebucheinträge, Briefe, Zeitungsauschnitte usw. seine Geschichte immer wieder unterbrochen haben.
Die Idee mehrere Epochen zu verbinden, finde ich wirklich toll. Auch die Geschichte an sich, ist spannend, nur leider hat mich die Umsetzung nicht wirklich überzeugen können. Deswegen vergebe ich 3 von 5 Punkten.

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